Das Ablegemanöver fuhr Silke. Ich stand an einer der Achterleinen. Schon bevor es ĂŒberhaupt losging, wurden neben uns hektisch Fender ausgebracht. Christian: âAber nur langsam fieren, nicht festhalten. Wenn Du festhĂ€ltst, fahren wir vorne gegen.â Nein, das wollten wir natĂŒrlich nicht â unsere schöne âHelgoland Expressâ! Wahrscheinlich atmete das Geld neben uns auf, als unser Segelboot endlich seinen Hafen verlieĂ. Vielleicht⊠Und wie anders war dann Langeoog! Im RevierfĂŒhrer hieĂ es, man solle sich vorab bei âUlla in ihrem Containerâ melden. Ulla war der Stegwart und der Langeooger Hafen entsprechend klein. So oder so hörte es sich fĂŒr mich zunĂ€chst an wie âOskar aus der Tonneâ. Zumindest die resolute Ader hatten beide auch durchaus gemeinsam.
Die Fahrt ĂŒber stand wieder Eva am Steuer. Sie witzelte etwas von âTrauma ĂŒberwindenâ, denn natĂŒrlich hatten wir wieder ein Seegatt vor uns. âAccumer Eeâ. Dass gerade dieses Gatt noch einen besonderen Anklang hatte, war ihr wohl gar nicht so bewusst. War es doch hier, dass ein Segelboot mit drei jungen Leuten an Bord erst zwei Wochen zuvor gekentert und untergegangen war. Der Bericht der Gesellschaft klingt mir noch in den Ohren: Zwei Leute hatten sie retten können. Der dritte trieb beim Eintreffen der Retter bereits bewusstlos im Wasser. Er versank beim Versuch, ihn zu bergen. Von vier Meter hohen Wellen hatten sie geschrieben. Von dieser ganzen Tragödie war nun freilich nichts mehr zu sehen, nur der Karteneintrag eines neuen Wracks nördlich von Accumer Ee. Dennoch jagte mir der Gedanke daran einen Schauer ĂŒber den RĂŒcken.
Gegen 17 Uhr kam diese Ansteuerungstonne dann in Sicht. Wieder holten wir das GroĂ ein und starteten die Maschine fĂŒr den Fall der FĂ€lle. Wieder brach sich links und rechts von uns das Wasser. Doch dieses Mal gelang die Fahrt durchs Seegatt ohne Probleme, unser Lot immer fest im Blick. Langeoog an unserer Backbordseite, Baltrum an Steuerbord â hier wirkten die Inseln fast unbewohnt. Kein Vergleich zur âSkylineâ von Norderney. Auch der Empfang im Hafen war ein gĂ€nzlich anderer â herzlich und zupackend. Als wir einliefen und nach einem freien Platz Ausschau hielten, beschleunigte ein Skipper seine Maschine, wohl um uns aus dem Weg zu kommen. Schon tönte es vom Steg: âEy! Gehtâs noch? Beim nĂ€chsten Mal am besten noch schneller!â Drum herum wurde gegrinst. Wir hatten Ulla gefunden. Unverkennbar prangte ihr Name auf ihrem T-Shirt. Sie winkte uns zu einem freien Platz, warf uns einen Blick zu. âNee, bei so vielen Leuten, braucht ihr meine Hilfe nicht auch nochâ, kam es trocken, und sie machte sich auf den Weg zu ihrem Container, der tatsĂ€chlich am Anfang des Stegs stand. âResolute Dameâ, ging es uns allen wohl durch den Kopf, aber warum nicht. Immerhin standen ja tatsĂ€chlich acht Leute bei uns an Deck. An jeder Leine einer wurfbereit, als wir am Steg lĂ€ngsseits gingen. Hilfsbereit griffen unsere Stegnachbarn mit zu und nahmen die Leinen lachend entgegen. Schon wegen Ulla war Langeoog also ein Erlebnis. Die Insel behielt diesen burschikosen Charme, der uns nach dem Party-Glamour auf Norderney sofort von Grund auf sympathisch war.