Das nĂ€chste Ziel sollte dann Svendborg sein. An Bord machten wir noch einmal Lagebesprechung und schauten zusammen auf die Seekarte und aufs Wetterradar. Wetter â vor allem Wettervorhersagen waren dieses Mal so ein Thema fĂŒr sich. Sehr schön brachten es zwei Segler im Hafen auf den Punkt, ihr GesprĂ€ch lief ungefĂ€hr so: âUnd dann habe ich in dies App geschaut und in jene. Der deutsche Wetterdienst, der dĂ€nische WetterdienstâŠâ âUnd keiner hatte recht!â Und genauso war es. Die Windrichtung stimmte zwar ĂŒberwiegend, aber die StĂ€rkeâŠ
Wieder unterwegs stand zunĂ€chst Antje am Ruder. Der SĂŒdwind blieb uns erhalten, also erneut ein Amwind-Kurs. Vielleicht kommen wir schneller voran, wenn wir das gröĂere Vorsegel setzen, das Frank von zu Hause mitgebracht hatte? Gesagt getan: die kleine Fock wurde eingeholt und auf dem Vorschiff an der Reling festgebunden, wĂ€hrend auf der anderen Seite das neue Vorsegel aus seinem Sack gezogen wurde. âDas schaut ja aus wie eine HĂ€ckeldeckeâ, meinte ich zu Alexander, als ich das neue Segel sah, in welchem sich die LaminatnĂ€hte verschiedenfarbig abzeichneten. Ganz klar, mir gefielen die weiĂen Segel besser. Das hatte ich schon im Hinblick auf unser GroĂ gedacht â ein pechschwarzes Karbonsegel, auf dem zu allem Ăberfluss fĂŒr mich als Vegetarierin auch noch unser Sponsor seinen Werbeslogan âBest of Meadâ verewigt hatte. Nun ja. âEinen Vorteil hat es ja, es blendet nicht so in der Sonne.â Pragmatismus pur.
Zwanzig Minuten hatten wir die HĂ€ckeldecke oben, steht in unserem Logbuch vermerkt. Antje kĂ€mpfte am Steuer. In den Böen legte sich die âDockenhudenâ aufs Wasser, und wir saĂen wieder einmal auf der hohen Kante. Irgendwann war uns das dann aber doch zu schrĂ€g. Das Vorsegel wurde erneut getauscht, steuern ging dann auch deutlich besser.
Im Svendborg Sund liefen wir dann wegen des engen Fahrwassers nur noch unter Maschine. Alexander stand nun am Ruder, und Antje erklÀrte den Weg. Viel Spielraum zum Navigieren gab es hier nicht mehr, das hatten wir schon vorher auf der Seekarte festgestellt und sahen es mehr als bestÀtigt, als wir das Wrack einer gestrandeten Yacht am Ufer erspÀhten. Schnurgerade fuhren wir unter Motor daran vorbei.
Vorbei auch an wunderbar gelegenen HĂ€uschen am Sund, von denen jedes, wie Frank bemerkte, auch ĂŒber einen eigenen Steg und â natĂŒrlich â ein eigenes Boot zu verfĂŒgen schien. Man konnte es wahrlich schlechter treffen.
Mit einiger Zuversicht steuerten wir den Hafen von Svendborg an, immerhin war die HĂ€lfte der Crew schon einmal dort gewesen. Unser Skipper hatte auch recht konkrete Vorstellungen davon, wo er mit unserer Rennziege festmachen wollte. Aber Pustekuchen â Svendborg platzte förmlich aus allen NĂ€hten. Noch zwei Yachten fuhren vor uns und ein dickes Motorboot â alle auf der Suche nach einem PlĂ€tzchen fĂŒr die Nacht und alle gleichermaĂen ratlos. SchlieĂlich entschieden wir uns dafĂŒr, bei einem der Segler ins PĂ€ckchen zu gehen oder, besser gesagt, bei drei anderen, denn wir waren schon das vierte Boot in dieser Reihe. âDas ist hier ja wie auf Helgolandâ, spottete Alexander, wĂ€hrend der Eigner von Boot eins um eine Landleine bat zur Entlastung seiner Yacht, nichts ahnend, dass nur wenig spĂ€ter Boot Nummer fĂŒnf lĂ€ngsseits gehen wĂŒrde.
Offenbar war gerade ein Festival in der Stadt oder gerade zu Ende gegangen, so genau brachten wir es nicht in Erfahrung, denn lange blieben wir tatsĂ€chlich nicht an diesem Ort. Er wolle morgen frĂŒh um neun aber wieder los, verkĂŒndete Skipper von Boot Nummer zwei. Wir selbst hatten ein Crewmitglied, das uns leider in Svendborg in aller HerrgottsfrĂŒhe verlassen musste. Antje hatte am nĂ€chsten Tag einen Termin in der Heimatstadt und wollte hier die gĂŒnstige Zuganbindung nutzen. GĂŒnstig gelegen war der Bahnhof allemal â nur wenige Schritte vom Hafen entfernt. Allein eine Mitfahrgelegenheit â sprich ein Ticket bei der dĂ€nischen Bahn zu buchen, das wĂŒrde sie noch den ganzen Abend beschĂ€ftigen. Aber davon wusste sie jetzt, zum GlĂŒck, noch nichts. Wir waren froh, erst einmal ein PlĂ€tzchen gefunden zu haben und beratschlagten die weitere Abendgestaltung. Wenn wir hier schon ein so wertvolles Crewmitglied verlieren wĂŒrden, dann wollten wir zumindest vorher noch mal schön zusammen Essen gehen.
Erneut wurde verkĂŒndet, dass dies kein Problem sei und bereits erfolgreich in der Vergangenheit praktiziert worden sei, also setzten wir auf die vermeintlich Ortskundigen und liefen los. Um genau zu sein, liefen wir einmal um den Hafen herum, standen dann vor einem einladend ausschauenden GebĂ€ude, das sich dann allerdings als Theater entpuppte. Nein, zum Essen hĂ€tten sie hier nichts. Ein GetrĂ€nk könne man bekommen und vielleicht von gegenĂŒber ein Fischbrötchen? So hatten wir uns das Essengehen aber doch nicht vorgestellt und zogen weiter.
Auf der anderen Hafenseite wurden wir dann fĂŒndig. Die anderen wollten gerne Fisch essen und fĂŒr mich stand ein vegetarisches Gericht auf der Karte, was will man mehr? Ob sie auch einen Tisch fĂŒr sechs Personen hĂ€tten? Unsere Frage löste etwas Verwirrung aus. Lag es daran, dass Englisch hier nicht jedermanns Sache war oder lag es eher an unseren Klamotten, die nicht so recht zum Ausgehstaat der anderen GĂ€ste passen mochten? Vielleicht waren wir fĂŒr dĂ€nische VerhĂ€ltnisse auch einfach nur spĂ€t dran, es war definitiv schon nach 19 Uhr. Seiâs drum, es fand sich ein Tisch, und es wurde aufgetafelt. Leider wollte keiner von uns den teuren Wein probieren, den sie anpriesen. Wir blieben beim Bier und auch dieses nur im Singular. Aber wir waren ja auch wegen des Essens gekommen und das war, wie wir alle fanden, gut.
Auf dem RĂŒckweg blieb noch Zeit fĂŒr einen romantischen Sonnenuntergang im Museumshafen und ĂŒber dem Sund sowie â ganz wichtig â fĂŒr ein Softeis am Hafen, dann turnten wir ĂŒber die Nachbarlieger zurĂŒck aufs Boot. Gin und Portwein wurden als AbschiedsgetrĂ€nke hervorgeholt. Es wurde ein lustiger Abend, an dessen Ende wir umso mehr bedauerten, dass Antje uns am nĂ€chsten Morgen schon verlassen musste.