Zweifelsohne gibt es schönere Orte fĂŒr einen Hafentag als den Amerika-Hafen in Cux. In meiner Erinnerung ist er vor allem mit Krach verbunden â einem endlosen Be- und Entladen von SchĂŒttgutfrachtern, kreischenden Möwen zu jeder Tages- und Nachtzeit und ab und an dem Gestank von Fischfabriken. Andererseits ist dieser Hafen auch das Tor zur Nordsee, somit die VerheiĂung auf eine wunderbare Zeit, der man vom hĂŒbsch hergerichteten Vereinsheim des dortigen Segelclubs aus entgegenfiebern konnte, wenn man sich spĂ€tabends oder frĂŒhmorgens eine letzte warme Dusche vor der See gönnte.
Ein durchaus ambivalentes VerhĂ€ltnis verbindet mich also mit diesem Hafen, in dem wir am zweiten Tag unseres Törns vorlĂ€ufig gestrandet waren. Niemand von uns hatte Lust, nach Spiekeroog zu motoren. Aber der Wind hatte sich nun mal â daran gab es nichts zu deuteln â fĂŒr diesen Tag vollstĂ€ndig verabschiedet. So ĂŒberlegten wir uns als Alternative ein vielseitiges Trainingsprogramm, um den Tag in diesem Industriehafen sinnvoll zu gestalten.
Das erste Spiel, das wir uns zum Zeitvertreib ausgedacht hatten, waren An- und Ablegemanöver. DafĂŒr war der Amerika-Hafen wiederum bestens geeignet, bot seine Steganlage doch Ecken und LĂŒcken, die von uns mehr verlangten als die ĂŒblichen Hafenmanöver an der Ăbungsklampe im Köhlfleet. Einer der PlĂ€tze lieĂ sich nur mit ausgetĂŒftelter Leinentechnik wieder verlassen. Alleine wĂ€re von uns wohl niemand auf die Idee gekommen, sein Boot hier hinein- und dann wieder hinauszumanövrieren. Aber Christian dirigierte uns meisterhaft, sodass auch der Zaghafteste unter uns unser 14-Tonnen-Boot in dieses Mauseloch hinein- und wieder hinausfuhr. Ein anderes PlĂ€tzchen zeichnete sich durch ein Manöver in RĂŒckwĂ€rtsfahrt aus. âIst doch kein Problemâ, mag der Leser meinen, aber denkste! Eine Querströmung aus der Hafeneinfahrt versetzte die âHelgoland Expressâ beachtlich, als die ersten von uns am Ruder standen. Also abbrechen und neu versuchen. Der Knirps, der in der Steganlage in seinem Dingi Rennen mit sich selbst fuhr, staunte nicht schlecht, als wir Mal um Mal auf diese Weise immer wieder an denselben Platz zurĂŒckkehrten.
SpĂ€ter am Tag fuhren wir unter Motor hinaus auf die Reede vor Cuxhaven, wo wir ankerten. Hier stand das nĂ€chste Trainingsprogramm an: Elektronavigation. AusfĂŒhrlich erlĂ€uterte Christian uns das Radarbild der nĂ€heren Umgebung unter Deck. Einige Leute aus der Crew wollten in diesem Jahr noch den Sportseeschifferschein in Angriff nehmen. Nicht nur sie waren dankbar fĂŒr diese zusĂ€tzliche Ăbungsstunde, galt doch auch hier wie bei allen anderen Dingen auf einem Segelboot: Ăbung macht den Meister. Interessiert verfolgten wir die roten Kleckse auf dem Monitor in verschiedenen Ausrichtungen und bei unterschiedlicher Auflösung. Nach einer Weile waren wir aber dennoch heilfroh, den schaukelnden Salon wieder verlassen zu können. Wie sollte das bloĂ werden, wenn hier wirklich Wind und Welle standen? Niemanden von uns zog es bei solchen Bedingungen unter Deck.
Auf dem RĂŒckweg setzten wir fĂŒr einen kurzen glĂŒcklichen Moment die Genua, um zurĂŒck zum Hafen zu segeln, doch ein Schlepper mit seiner Kundschaft unterbrach dieses VergnĂŒgen allzu schnell. Die Genua wurde wieder eingerollte, und wir tuckerten unter Motor den beiden hinterher zurĂŒck in den Amerika-Hafen.