Für den nächsten Tag war eine Sechs aus Nordwest angesagt. Keine schönen Aussichten, um durch ein Seegatt in entgegengesetzter Richtung zu segeln. Es hieß unweigerlich Wind gegen Strom beim Auslaufen – nein, besser nicht. Also kein Abstecher mehr nach Spiekeroog – seufz. Na ja, viel Zeit hätten wir dort wohl sowieso nicht gehabt. Dann also besser gleich einen Tag früher losmachen und hoch nach Helgoland, um von dort bequem in die Elbe zu gelangen.
Nachdem wir den Schlick von den Füßen hatten, machten wir uns also mehr oder weniger umgehend fertig zum Auslaufen. Zwei Tage auf einer netten, kleinen Insel lagen hinter uns – eine Insel ohne Dorfkern, aber mit kernig-warmherzigen Bewohnern.
Von der Wattwanderung nahmen wir nicht nur matschige Schuhe, sondern auch die aktuellsten Infos zum zu durchquerenden Wattfahrwasser mit. Dass sich auch hier so einiges in letzter Zeit getan hatte, zeigte uns unsere Plotterkarte später zum Vergleich an. Der Track, den sie für uns in den folgenden 1,5 Stunden aufzeichnete, schien uns als völlig plemplem auszuweisen, führte er doch quer über das trockenfallende Watt. Dass unser Fahrwasser samt Pricken längst verlegt worden war, war auf dieser Karte ebenso wenig verzeichnet wie die verlegte Tonne in der Harle nach Wangerooge. Gut also, wenn man noch ein paar andere Infoquellen zu Rate ziehen konnte.
Einen kurzen Moment lang hatten wir dann doch noch das Vergnügen, im Schlick steckenzubleiben. Man hörte, wie sich der Kiel in den Matsch schob, dann setzte die Ruderwirkung aus. Wieder wurden alle bekannten Tricks aus der Kiste geholt: erst Verlagerung des menschlichen Ballasts, dann Zuhilfenahme der Maschine. Es war nur eine Sache von Minuten, dann schwamm unsere „Helgoland Express“ wieder. Hier war das alles kein Problem. Nur ein paar Meilen achteraus wäre das eine ganz andere Nummer gewesen. Von dort brüllte die Brandung der Wichter Ee über das Watt und drohte uns noch lange hinterdrein. Dort wollte man garantiert nicht auflaufen. Nein, dort wollte man in überhaupt keiner Situation sein!
Am Ende des Baltrumer Wattfahrwassers löste ich Silke am Ruder ab. Von hier aus ging es durch die Accumer Ee hinaus auf die Nordsee. Achteraus blieb das im Sonnenlicht glitzernde Wattenmeer mit seinen Pricken, Wattenhochs, Seehunden und schönen Erinnerungen – vor uns lag das Meer. Und davor das Seegatt. Zweimal mussten wir schnell noch die Maschine dazuschalten, weil uns an den entscheidenden Stellen der Wind im Stich ließ. Dann wieder kam das Wasser in Form einer blauen Wand von vorne, und dann war der Spuk vorbei. Wir waren durch.