Auf Wangerooge erwischten wir den letzten Zug – unsere Beschickung fĂŒr Sightseeing, die durchaus in der vorabendlichen Kursberechnung eine Rolle gespielt hatte. Das Dorf lag hier am Ostende der Insel, der Hafen am Westende – gut, wenn man also mindestens einen Teil des Hin- und RĂŒckwegs mit der inseleigenen Bimmelbahn zurĂŒcklegen konnte. Sie brachte die Touristen von der FĂ€hre zum Ort – an diesem Tag nahm sie auch uns mit an Bord. Immerhin war es ja ein ‚Insel-Tasting‘: wir wollten die Ostfriesischen Inseln nicht bloß als Punkte auf einer Karte ansteuern, sondern gerne auch erkunden.

Wangerooge, Hafen
Wangerooge, Hafen

Eine weitere BerechnungsgrĂ¶ĂŸe war der fĂŒr den Nachmittag angekĂŒndigte Regen. Wir beschlossen, diese Einsicht zunĂ€chst zu ignorieren. Im Dorf verliefen sich unsere Wege. Alexander und mich zog es zum Strand im Norden oder, besser gesagt, dorthin, was davon nach der letzten Sturmflut noch ĂŒbrig war. Der Blanke Hans hatte ziemlich an der Insel genagt. Schließlich hörte der Sandstrand und ging in eine betonierte Befestigungsanlage ĂŒber, die sich um den Nordostteil der Insel wandt.

FĂŒr einen Moment begeisterten mich dort SchwĂ€rme von Eiderenten, die hier abseits von allen Touristen ihre Runden auf dem Wasser zogen. Doch lenkten sie uns nur kurz von dem ab, was nun von oben drĂ€ute. Musste das Wetter denn unbedingt so superpĂŒnktlich sein?

Beim Leuchtturm bogen wir inseleinwĂ€rts und ungefĂ€hr hier öffnete der Himmel dann seine Schleusen endgĂŒltig. Es regnete. Es regnete, als wir an den Salzwiesen vorbeiliefen. Es regnete, als wir an der Jugendherberge im Inselwesten vorbeikamen. Es regnete am Westturm. Es regnete auf dem DĂŒnenpfad. Es regnete im Hafen. Zum Schluss waren wir klatschnass. ‚Ich setze jetzt auf ‚schnell trocknend‘‘, meinte ich lakonisch, als Alexander sich nach dem Durchweichtheitsgrad meiner Segelhose erkundigte. Die Wanderjacken hielten uns zur HĂ€lfte trocken, aber hĂŒftabwĂ€rts schwammen wir in durchweichtem Stoff und vollgesogenen Schuhen. Nur gut, dass ich keine Socken anhatte, dachte ich bei mir.

Wangerooge, Westturm
Wangerooge, Westturm

Auf dem Boot trafen wir auf Richard, Robert und Christian. Ersterer hatte sich nach seinem Ausflug schon trockengelegt. Wir taten es ihm gleich. Nur wohin mit den nassen Klamotten? Draußen schĂŒttete es immer noch in Strömen. Und wo waren die anderen eigentlich bei dem Wetter?

Robert hatte sich derweilen schon an die Zubereitung des Essens gemacht. Er entpuppte sich als echter Hobbykoch und sorgte zusammen mit Christian fĂŒr eine derart hervorragende Verpflegung der Crew, dass diese sich zum Schluss mit den Worten verabschieden wĂŒrde: ‚War toll, dass Du mit warst – und das sag‘ ich nicht nur wegen des Essens!‘ Aber ja, auch deswegen, denn es war wirklich super lecker!

An diesem Abend hatte man sich fĂŒr Fisch entschieden. FĂŒr mich gab es die vegetarische Extrawurst der doppelten GemĂŒseportion. Zum Nachtisch wurde eine selbstgemachte Mousse au Chocolate gereicht – ganz ohne elektrischen Schneebesen hergestellt. Gerne nahmen wir uns dafĂŒr Christians scherzhafte Warnung zu Herzen, das KĂŒhlfach vertrage heute keine unbedachten WĂŒhlarbeiten nach Bier- oder Weinflaschen. Wie auch, wenn es solche SchĂ€tze zu hĂŒten hatte?

Nach dem Essen rechneten wir aus, wann wir ĂŒber das Wattenhoch im Spiekerooger Wattfahrwasser kommen wĂŒrden. Es war der erste Weg ‚unten rum‘, den wir auf diesem Törn nehmen wĂŒrden. Silke witzelte dabei ĂŒber meine Erfahrungen vom letzten Jahr mit dem ‚Da kommt schon keiner‘, wenn man anfing, ĂŒber (un)mögliche Ausweichmanöver an genau dieser Stelle auch nur nachzusinnen.

Wangerooge, Abendstimmung am Hafen
Wangerooge, Abendstimmung am Hafen

Die Strecke war nicht weit, das wussten wir noch vom letzten Jahr. Es wĂŒrde also ein eher kurzer Segeltag werden, was uns aber auch einen lĂ€ngeren Landgang auf unsere heißgeliebten Insel verhieß. Was man dann dort alles wĂŒrde unternehmen können
 Voller Vorfreude und wohlgenĂ€hrt krochen wir an diesem Abend in unsere Kojen.

Das Projekt ‚schnell trocknende Segelhosen‘ reichte im Übrigen noch weit in den nĂ€chsten Tag hinein und fand sein Happy-End eigentlich erst in der Nachmittagssonne auf der ĂŒblichen RelingsdrahtwĂ€scheleine. Beim nĂ€chsten Mal also doch lieber gleich die Ölzeughose