‚We‘re no racers’, stellten sich unsere Nachbarn vor, bei denen wir ins Päckchen gingen. Tatsächlich trennte uns nur dieses eine Boot vom Steg, denn kurz vor unserer Ankunft waren die meisten Yachten zur letzten Regatta der Nordseewoche aufgebrochen. Jetzt lag der Helgoländer Hafen beinahe beschaulich vor uns. Der günstige Wind hatte uns eine frühe Ankunft beschert. Es war erst drei Uhr nachmittags. Wir hatten eigentlich mit dem frühen Abend gerechnet. So hatten wir nun die rote Felseninsel bei bestem Wetter fast für uns allein.

‚Wir waren auf Helgoland schwimmen‘, wie cool war das denn – so etwas im Mai verkünden zu können? Und schwimmen waren wir tatsächlich. Und, was soll ich sagen, es war toll. Zwar war das Nordseewasser nicht direkt in der Nordsee, aber immerhin – es war draußen in der strahlenden Sonne. Und ja – es war natürlich auch beheizt. Hey, es war Mai, habt ihr’s vergessen?!

Auf Spiekeroog hatten wir nur die Füße im Wasser. Hatten Henning mehr als skeptisch hinterhergeblickt, als er uns mit der Ansage, er gehe jetzt schwimmen, auf dem Weg zum Strand entgegenkam. Das Meer hatte erst zwölf Grad. Das war besser als nix, mehr aber auch nicht. Das beheizte Außenbecken des Helgoländer Schwimmbades kam meinen Ansprüchen da deutlich näher, und wir schlugen damit auch gleich zwei Fliegen auf einmal. Zum einen verschafften wir uns herrliche Bewegung im Freien bei bestem Wetter in einem – man darf es gar nicht laut sagen – menschenleeren Schwimmbad. Wir waren Bäder mit Aquafit-Gymnastik und Schulsport gewöhnt, wo man um jeden Zentimeter ringen musste. Ein ganzes blaues Becken von Seite zu Seite beinahe völlig für sich allein zu haben – ich konnte mich nicht daran erinnern, einen solchen Luxus schon einmal erlebt zu haben. Wir genossen es in vollen Zügen.

Die zweite Fliege war die warme Dusche, die es gratis vor und nach dem Baden dazu gab. Auf die hatte ich mich gefreut, seit wir Spiekeroog in aller Frühe verlassen hatten, und um sie hatte ich mindestens ebenso lange gebangt. Denn duschtechnisch war landunter auf Helgoland. Zwar war der Nordseewochen-Irrsinn gerade abgeklungen, die letzte Regatta gestartet und der Hafen wieder in einen halbwegs zivilen Zustand zurückgekehrt, aber ein Wasserrohrbruch hatte die Sanitäranlagen außer Gefecht gesetzt. Davon raunen hören hatte ich schon auf Spiekeroog, als ich beim dortigen Hafenmeister für unsere Anmeldung anstand. Und schon da war mein Gedanke: ‚Nicht schon wieder!‘ Im letzten Jahr waren die Duschen wegen einiger Randalierer ebenfalls zur Nordseewoche gesperrt gewesen. Nun also ein gebrochenes Rohr, das konnte ja heiter werden…

Umso mehr freute ich mich daher im Spa der Insel, das wir faktisch zu unserer privaten Verfügung hatten. Die Freude wurde noch größer, als wir auf dem Rückweg feststellten, dass der Helgoländer Hausmeister versprach, die Sanitäranlagen am Hafen am nächsten Tag ab halbacht wieder einsatzbereit zu haben. ‚Dixi-Klo adé!‘ jubelte es in mir und gut gelaunt ging es zurück aufs Schiff.

Als wir wieder an Bord kamen, brutzelten Spiegeleier in der Pfanne. Unser Skipper hatte den Bruch in der Packung vorsorglich beseitigen wollen und verfütterte das Ergebnis nun bereitwillig an die Crew. Schwimmen macht hungrig und, ja, auch müde. Sebastian wollte an diesem Abend unbedingt noch den berühmt-brüchtigten Helgoländer Eier-Grog probieren. Aber Alexander und ich strichen die Segel und verzogen uns vorzeitig in die Koje. Selten habe ich so fest auf Helgoland geschlafen wie in dieser Nacht. Wir hörten nicht, wann der Rest der Crew aus der „Bunten Kuh“ zurück aufs Boot kam. Erst als Christian sich am nächsten Morgen aufmachte, um Brötchen zu holen, wachten wir wieder auf.