Nachts jaulte der Wind ums Boot. Am nĂ€chsten Tag messen wir zeitweise dreiĂig Knoten an unserem Stegplatz. Das Boot hinter uns hĂŒpfte und zerrte an seinen Leinen. DrauĂen â jenseits des Lochs musste es wirklich ungemĂŒtlich sein. Das bestĂ€tigten uns auch unsere neuen Stegnachbarn, die an diesem Tag ankamen. FĂŒnf Jungs mit einer Halberg Rassy unter dem blauen Ensign der Marine. Sie legten schneller an, als wir auch nur den Gedanken fassen konnten, ihnen mit den Leinen zur Hand zu gehen, und berichteten von mehr als vierzig Knoten Wind auf ihrer Ăberfahrt hierher. Gut, dass wir den Hafentag lĂ€ngst eingeplant hatten.
Man könnte ja eine Destillen-Tour mitmachen, ĂŒberlegte ich laut. FrĂŒh machten wir uns auf den Weg, uns nach dieser Möglichkeit zu erkundigen. Bei Talisker herrschte tatsĂ€chlich schon reges Treiben, und unser Ansinnen wurde ebenso umgehend als abwegig beschieden. Nur ein Platz wĂ€re an diesem Tag noch frei â das waren zwei zu wenig! Wir beschlossen, abends zumindest fĂŒr ein kleines Tasting erneut vorbeizuschauen und machten uns wieder von dannen.
Mehrfach nahmen wir im Verlaufe dieses Tages Anlauf zu gewillter Landstreicherei, aber Regenschauer ĂŒber Regenschauer machten unsere PlĂ€ne wieder und wieder zunichte. Wir schafften es gerade einmal, ein zweites Mal in den winzigen Ort zu laufen. Vorbei am âOld Innâ und vorbei an der Primary School und vorbei an einer auch hier offenbar noch funktionstĂŒchtigen Telefonzelle, die wir im Handy-Zeitalter wie eine echte SehenswĂŒrdigkeit bestaunten. In Loch Aline hatte RĂŒdiger in einer eben solchen seinen deutschen Taschenbuchroman gefunden. Carbosts SchĂ€tze waren dagegen anderweitig untergebracht, wenn auch auf nicht wirklich viel mehr Raum.
Mein Wunsch nach Postkarten fĂŒhrte uns zum lokalen Community-Store â ein LĂ€dchen, kaum gröĂer als der Salon der âHamburg Expressâ, mit einem sorgsam in Regalen verstauten Sortiment. Um genau zu sein: von allem gab es exakt eines, mehr passte nicht in die VerkaufsflĂ€che. Wurde etwas verkauft, stellte man ein neues Exemplar an den frei gewordenen Platz.
Postkarten fand ich leider keine, dafĂŒr aber Nachschub an Oaties und tatsĂ€chlich ein Glas grĂŒne Oliven fĂŒr den geplanten Salat, die ich in Mallaig im Coop vergeblich gesucht hatte. An der Kasse legten Alexander und ich zusammen; er die Scheine, ich das Kleingeld. Das Wechselgeld drĂŒckte die VerkĂ€uferin dann prompt mir in die Hand. Alexander guckte verdutzt, wir lachten alle, wĂ€hrend sie erklĂ€rte, dass sie grundsĂ€tzlich immer das Geld den Frauen gebe. Gut gelaunt öffneten wir die TĂŒr des LĂ€dchens und standen â wie es sollte es anders sein â mal wieder im Regen. Es war einfach kein Tag fĂŒr ausgedehnte Wanderungen. So liefen wir zurĂŒck zum Schiff und pellten uns dort aus den nassen Sachen. Zum GlĂŒck hatten wir mit der kleinen Crew jede Menge Platz an Bord, um auch nasses Ălzeug zum Trockenen aufhĂ€ngen zu können.

Den Nachmittag verbrachten wir mit Lesen und Schreiben an Bord. Es nĂŒtzt alles nichts. Wir werden wiederkommen mĂŒssen, um diese grandiose Insel noch etwas nĂ€her kennenzulernen. Erst abends machten wir uns dann wieder auf den Weg zum verabredeten Tasting bei Talisker. Wir entschieden uns fĂŒr ein dreiteiliges Geschmackserlebnis, das wir uns teilten. Mit einer Pipette wurden einzelne Wassertropfen in den Nosing-GlĂ€schen von den Mitarbeitenden der Destille appliziert. Wir schnupperten, kosteten, fachsimpelten wie alle in diesem Raum. Und wenige waren es nicht, die das Besucherzentrum am gefĂŒhlten Ende der Welt fĂŒllten. So richtig warm konnte ich mit dem Ambiente allerdings nicht werden, zu sehr wirkte es wie die klassische Touristenfalle. Zeigte wenig Ăhnlichkeit mit der GemĂŒtlichkeit des lokalen Pubs, und etwas wehmĂŒtig dachte ich an die Destille in Lochranza auf Arran â wobei auch dort Laden und Theke alles andere als klein waren â nur eben gemĂŒtlicher. Der Whisky war aber auch hier lecker, und wir brauchten lĂ€nger fĂŒr die Entscheidung, welche Sorte wir denn nun am besten und damit auch des Erwerbs fĂŒr wĂŒrdig befĂ€nden.