In Mallaig wollten wir essen gehen. Wir fanden einen netten Pub mit einer unvergleichlichen Menükarte für Kinder. Mein Favorit war ‚I‘m not hungry!‘ für ‚Käse-Maccaroni‘. Und so ging es in einem fort. Ich speiste dort einen guten vegetarischen Burger nebst lokalem Ale. Rüdiger war mutiger. Er orderte Haggis – das schottische Nationalgericht. Die Kellnerin war offensichtlich übermütige Touristen gewöhnt, denn sie fragte sehr vorsichtig, aber doch bestimmt nach, ob er sicher sei, ob er das schon mal probiert hätte. Rüdiger blieb bei seiner Wahl und klärte uns später über die geschmacklichen Vorzüge desselben genauestens auf.

In gewisser Hinsicht erinnerte er mich sehr an eine gute Freundin und ehemalige Kollegin von mir, die einmal im Brustton der Überzeugung verkündet hatte, man – sprich sie – könne und würde eigentlich alles essen. Dann, nach kurzem Überlegen, wurde etwas kleinlauter nachgeschoben: ‚Bis auf rote Beete. Nein, also, rote Beete geht gar nicht!‘

An diesem Ort trafen wir darüber hinaus auf einen wirklich erstaunlichen, überaus freundlichen Postbeamten. Immerhin trugen wir ihm, wie wir fanden, ein etwas merkwürdiges Anliegen vor, nämlich Pfundnoten in Pfundnoten zu tauschen und das kam so: Vor fünf Jahren waren wir zuletzt in Großbritannien gewesen. Damals hatten wir schon die leidvolle Erfahrung gemacht, dass Pfundmünze nicht gleich Pfundmünze war. Sie hatten neue geprägt, die nicht nur dünner als die alten Münzen waren, sondern überdies auch recht verdächtig nach Euromünzen ausschauten. Jedenfalls passten unsere alten Münzen in keinen zugehörigen Automaten mehr – auch nicht in jene für die Duschen der verschiedenen Marinas. Fünf Jahre später waren wir uns nun relativ sicher gewesen, dass uns das bestimmt nicht schon wieder passieren würde. Wir hatten noch einige Banknoten vom letzten Mal, die wir nun, nichts Böses ahnend, mit in den Sommerurlaub genommen hatten und meinten, somit erneutes Geldumtauschen vermeiden zu können. Aber denkste!

Bei erster Gelegenheit – nämlich im Bus vom Flughafen in Glasgow Richtung Innenstadt erklärte uns der Fahrer, dass er unsere Scheine nicht nehmen könne: Zu alt! Wir würden sie also tauschen müssen. Bloß wie? Unser Törn begann an einem Samstag. Banken hatten am Wochenende geschlossen. Nachdem wir Oban verlassen haben würden, würde es aber mit der Anzahl an Kreditinstituten, denen wir begegneten, doch sehr überschaubar werden. Lachend erklärte uns Rüdiger, dass er dieses Problem auch schon gehabt habe und wir es doch beim lokalen Postamt versuchen sollten.

Dort wurde uns nun tatsächlich problemlos geholfen und dazu noch in fließendem Deutsch, in das der Postbeamte mühelos wechselte, als er unsere Misere erfasst und aus unserer Unterhaltung verstanden hatte, dass wir just aus Deutschland angereist waren. Da habe er auch mal gelebt, erzählte er fröhlich. So was! Man reist an Schottlands Westküste, dorthin, wo danach der offene Atlantik beginnt, und trifft auf Menschen, die mal eben eine Unterhaltung in jener seltsamen Sprache beginnen, über die Mark Twain so wunderbare Kuriositäten zusammengetragen hatte.

Eine weitere Besonderheit in Mallaig war die Bäckerei direkt am Hafen. Die Schlange der Wartenden war lang. Wir reihten uns ein und philosophierten laut darüber, dass dies wohl auf die Qualität derselben hinweise. So war es auch, allerdings wurde recht trocken hinter uns in der Schlange der Wartenden ebenso angemerkt: ‚And it‘s the only one!‘

Die weiteren touristischen Attraktionen des Ortes waren eher übersichtlich. Schnell stellten wir fest, dass sich alles um Harry Potter drehte, denn der bekannte Hogwarts-Express hatte hier seine Endhaltestelle. Einige Ortsbewohner hatten darin eine Goldgrube gesehen. So konnte man an einer Gartenlaube verschiedene Zaubertränke und -sprüche erwerben, wenn es warnend hieß: ‚The witch is in.‘ An einem anderen Laden stand: ‚Muggles welcome!‘

RNLI Lifeboat in Mallaig

Eine nette Idee, aber eingekehrt sind wir bloß im örtlichen Laden der „Royal National Lifeboat Institution RNLI“ . Die beiden Damen, die hier ehrenamtlich tätig waren, waren mehr als hilfsbereit. Lustigerweise trafen wir eine von ihnen am selben Tag noch zwei weitere Male. Das fand auch sie so ungewöhnlich, dass sie zu Alexander meinte, dass im Falle einer dritten Wiederholung eine Einladung zum Abendessen fällig wäre.