In Oban erwartete uns ein Zahlenschloss. B&Bs sind irgendwie nicht mehr dasselbe. Wie gemĂŒtlich war es damals bei Charles auf Islay am gedeckten FrĂŒhstĂŒckstisch! Dieses Mal begrĂŒĂŸte uns die AnonymitĂ€t frisch renovierter Zimmer in einem Haus, das zwar CCTV besaß, aber keinen Landlord zum HĂ€ndeschĂŒtteln. DafĂŒr erhielt ich pĂŒnktlich per Mail den Zahlencode zum Öffnen des SchlĂŒsselschrĂ€nkchens. Eigentlich gehört es fĂŒr mich zur eisernen Regel, im Urlaub das Internet zu meiden. Doch dieses Mal kam ich nicht umhin, wollten wir unsere Übernachtungsmöglichkeit in Oban wahrnehmen. Man verstehe mich nicht falsch: Das B&B war in jeder Hinsicht ordentlich und gut – nur eben von derselben AnonymitĂ€t, zu der irgendwie alle Sachen in unserem digitalen Zeitalter zu verkommen drohen.

Dass die „Hamburg Express“ schon in der Stadtmarina von Oban lag, das hatten wir schon am Vorabend gesehen. Allerdings hatten wir niemanden an Bord erspĂ€ht, so warteten wir artig bis zum offiziellen Boarding-Termin am nĂ€chsten Tag. Auch Skipper mĂŒssen mal durchschnaufen.

GefrĂŒhstĂŒckt wurde im B&B auf dem Fußboden unseres Zimmers. Wir hatten halt nur einen Stuhl, dafĂŒr aber einen gemĂŒtlichen Teppich. Unschlagbar war Great Britain schon immer wegen seiner tea making facilities und die umfassten dieses Mal nicht nur Tassen, Wasserkocher und Teebeutel, sondern auch noch Schokoriegel und zwei Dosen „Irn-Bru“. Wir kannten das orange leuchtende GebrĂ€u schon vom letzten Besuch, packten es aber dennoch ein, denn man konnte nie wissen: vielleicht wollte es spĂ€ter an Bord ja jemand probieren?

‚Moin!‘ war wohl das Erste, was wir in den Salon der „Hamburg Express“ hineinriefen, als wir mit bester Urlausbsstimmung dann an Bord kamen. Unten saß RĂŒdiger, unser Skipper auf diesem Törn. Ein echtes Original, wenn man so will. Mehr als einmal staunte ich in den nĂ€chsten Wochen ĂŒber all die Geschichten, die er erzĂ€hlte, und fragte mich, wie man all die Leben, die er schon gefĂŒhrt hatte, bloß unter einem Hut zusammenbringen bzw. in jenes unverwechselbare Paar babyblauer Clogs stecken konnte, die er – der Farbe wegen – als echtes SchnĂ€ppchen erstanden hatte, und die ihm in jedem Hafen, den wir anliefen, in kĂŒrzester Zeit zu gewisser Bekanntheit verhalfen.

Der ‚Ruhm‘ beschrĂ€nkte sich dann aber auch vor allem auf die Marinas, denn lĂ€nger als eine halbe Stunde vom Boot entfernt zu Fuß unterwegs zu sein, erklĂ€rte er fĂŒr ausgemachte Landstreicherei, der wir uns in der nĂ€chsten Zeit in diesem wunderbaren Land ausgiebig hingeben sollten.

An Bord stellten wir zu unserem Erstaunen fest, dass wir das 43-Fuß-Schiff so gut wie fĂŒr uns allein hatten. Eine Mitseglerin war kurzfristig erkrankt und konnte den Törn gar nicht erst antreten. Drei Leute waren wir zu Beginn in der Crew und RĂŒdiger, unser Skipper. TatsĂ€chlich schrumpften wir sogar noch weiter zusammen, denn der dritte Mann ging schon nach einer Woche mit einer ErkĂ€ltung wieder von Bord. So kam es, dass Alexander und ich die „Hamburg Express“ schließlich alleine segelten, wĂ€hrend RĂŒdiger die Navigation fest im Blick hatte und vor allem bei den verschiedenen An- und Ablegemanövern den Überblick und einen kĂŒhlen Kopf behielt. Wer hĂ€tte gedacht, dass wir mit so viel Platz auf dem Schiff unterwegs sein wĂŒrden? Die NachbarkajĂŒte wurde zum Schrank. Ölzeug aufhĂ€ngen, Seestiefel verstauen? Alles kein Problem.

RNLI-Boot in Oban
RNLI-Boot in Oban

Überhaupt machte sich bemerkbar, dass wir bei diesem Törn auch mit deutlich mehr Zeit unterwegs waren als beim ĂŒblich eng getakteten Tiden-Segeln gen Helgoland. Passte uns das Wetter nicht, blieben wir eben noch etwas lĂ€nger im Hafen. Wer sagte denn, dass man im Urlaub bei strömendem Regen am Ruder stehen musste? Ja, das kam natĂŒrlich auch vor. Gerade in den letzten Tagen erwischte es uns in dieser Hinsicht wortwörtlich noch einmal eiskalt – mit so viel Regen, dass das Muring-Feld vor uns einfach dahinter verschwand. DafĂŒr blies uns der Wind mit 30 Knoten und mehr auf die Nase und brachte uns dadurch trotz Maschine nahezu zum Stehen. Gut so, denn auf diese Weise konnten wir den Wolkenbruch abwarten, bevor wir in das vollbesetzte Muring-Feld hineinfuhren. Aber das war, wie gesagt, die Ausnahme bei diesem Sommertörn in Schottland.