Die Nachtfahrt von Spiekeroog aus war also beschlossene Sache. Wir wĂŒrden durchs Seegatt rausfahren, nördlich an den Inseln vorbei und dann, je nachdem wie stark der Wind sein wĂŒrde, bis Norderney segeln oder gleich ganz bis Juist. Alexander und ich bekamen die Hundewache von vier bis sieben am Morgen. So schliefen wir tatsĂ€chlich, als wir auf Spiekeroog ablegten. NatĂŒrlich hörte man, wie die Segel gesetzt wurden und auch den einen Motorschub, um aus dem Hafen zu kommen. Dann wurde es wieder ruhig, und ich nickte wieder ein. Vielleicht eine Stunde spĂ€ter hörte und spĂŒrte man dann allerdings, dass es unter Segeln nicht recht weiterging. Im Logbuch stand dazu spĂ€ter: â0238 durch Wind gegen Strom Kabbelwasser, keine FdW (Fahrt durchs Wasser) mehr, Motor an, Genua geborgen.â Um halbdrei in der Nacht hatte die Crew bei Wind gegen Strom in der Otzumer Balje die Maschine gestartet. Von da an rumorte es in beharrlicher LautstĂ€rke neben unserer Koje. Empört rang es in mir: âNie und nimmer kann ich bei dem Krach schlafen! Wie soll das dennâŠ? Und ĂŒberhauptâŠ!â Bis Alexander mich schlieĂlich aus meinen tiefen ProtesttrĂ€umen weckte. Trotz des LĂ€rms neben uns und der zunehmenden WĂ€rme in der KajĂŒte hatte ich mehr oder weniger durchgeschlafen, bis unsere Wache begann. Netterweise endete auch der Regenschauer, der Silke am Ruder erwischt hatte, ziemlich genau mit Beginn der Hundewache.
Neben uns sahen wir den Leuchtturm von Norderney. Robert war ebenfalls wach und navigierte uns weiter. Der Mond schien noch, aber der Wind war völlig eingeschlafen â schon vor Stunden. So war aus dem Segeln bei Mondschein ein Motoren bei Mondschein geworden. Auch gut, im Cockpit lieĂ es sich aushalten.
Wir steuerten durch das Dovetief, waren uns aber alle einig, dass wir nicht nach Noderney in den Hafen wollten. Lieber ein Ankermanöver etwas abseits, um die nĂ€chste Tide abzuwarten. Und wĂ€hrend im Osten langsam die Sonne aufging, stand im SĂŒdwesten noch der Vollmond ĂŒber dem Meer, sodass man gar nicht recht wusste, wohin man zuerst blicken und welches Motiv auf dem Fotofilm festhalten sollte. Beides war wunderbar in seiner zuckerrosa Wattewelt, die eine schlaftrunkene, aber bald schon wieder vollzĂ€hlige Crew im Cockpit bestaunte. Manchmal war die Nordsee geradezu unwirklich schön!
Zwischen Sonnenauf- und Monduntergang an unserem Ankerplatz schauten links und rechts neugierige Seehundköpfchen aus dem Wasser. Was sie wohl dachten, als Christian spĂ€ter beschloss, dass dies auch ein gutes PlĂ€tzchen fĂŒr eine morgendliche Schwimmrunde sein könnte?
Mit einsetzendem Tageslicht erschien nach und nach auch die restliche Crew wieder im Cockpit. Zeit fĂŒr ein FrĂŒhstĂŒck zwischen den Inseln. Dass wir mitten in der Einflugschneise von âJuist Internationalâ geankert hatten, merkten wir nur wenig spĂ€ter: Kleinflugzeug nach Kleinflugzeug zog ĂŒber uns hinweg. Meine GĂŒte, war das ein Betrieb hier!