âShip-Spottingâ
Hamburg Finkenwerder, GlĂŒckstadt, Cuxhaven, Spiekeroog, Helgoland, GlĂŒckstadt, Hamburg Finkenwerder
Mai 2023
Inhalt
- Freaks
- âWir kommen. Wir sind ein FĂŒnfzig-Meter-SegelbootâŠâ
- Narkolepsie?
- Peanuts
- Ein Professor macht sich unbeliebt
- Noch vier Zentimeter bis Helgoland
- Landunter
- Innere Werte
- Tonne verloschen
- Schoko-Traum
- AufsÀssig Teil 2
Freaks
âUnd dann gibt es noch die, die lĂ€nger als zehn Minuten hier oben bleiben. – Das sind dann die Freaks.‘ Sein gutmĂŒtiges Grinsen söhnte mich sofort mit dieser Tatsache aus. Dann war ich wohl einer dieser Freaks, warum auch nicht? Diese Begebenheit auf der BrĂŒcke der âBerlinâ kam mir wieder in den Sinn, als ich mich nun in eine Ecke auf der BrĂŒcke der âHermann Marwedeâ quetschte, um den Besucherstrom an mir vorbeiziehen zu lassen, gleichzeitig bemĂŒht, so viele Details wie möglich in mich aufzusaugen.
Ich hatte es endlich geschafft. Geschafft, die âHermann Marwedeâ zu besichtigen. Es war Open Ship beim diesjĂ€hrigen Hamburger Hafengeburtstag. Eigentlich lockte mich der Volksfest-Charakter dieser Veranstaltung nicht gerade hinter dem sprichwörtlichen Ofen hervor, aber die Möglichkeit, die âMarwedeâ zu besichtigen, wollte ich mir doch um keinen Preis entgehen lassen. Um zehn Uhr morgens sollte es an den LandungsbrĂŒcken losgehen. Um diese Zeit wollte ich dort sein â bevor alle anderen kommen wĂŒrden. War ich dann auch. Dummerweise am verkehrten Ende des Hafens. Der Liegeplatzvermerk im Veranstaltungsprogramm war leider nicht aktuell. So ging die wertvolle erste halbe Stunde flöten, wĂ€hrend ich am Kai entlang hechtete und immer mehr Leute ans Wasser und zu den Schiffen drĂ€ngten. Als ich endlich am richtigen Ende angelangt war, waren alle anderen auch schon da. Egal. Ich reihte mich in die Schlange der Wartenden ein.
Nur wenig spĂ€ter stand ich auf dem Vorschiff und schaute zu, wie die âVerenaâ zwischen Mutterschiff und Steganlage im Kreis sauste. Was fĂŒr eine Wendigkeit! Dann erklomm ich die letzten Stufen zur BrĂŒcke und schwelgte, wie gesagt, im Freak-Dasein. Wie lange hatte ich schon vorgehabt, diesen Seenotrettungskreuzer zu besichtigen?! Nie hatte es geklappt: zu wenig Zeit, nicht da, eine weltweite Pandemie â ja, es hatte jede Menge GrĂŒnde gegeben, die mich bisher davon abgehalten hatten. Die meisten hatten mit nachts ankommen und frĂŒh morgens wieder ablegen auf Helgoland zu tun gehabt. Aber an diesem Tag war alles anders. Heute war sie hier, heute war ich hier, heute hatten wir Zeit, uns ein wenig genauer kennenzulernenâŠ
âGuckâ mal, da winkt einer!â Der Knirps neben mir streckte sich nach LeibeskrĂ€ften. âWo? Wo?â quengelte er seine Mutter an, die neben ihm stand. âNa, da oben â der Mann in rot.â Ich streckte mich auch und winkte weiter. Verabschiedete meine âHermann Marwedeâ. So elegant zog der weiĂe Seenotrettungskreuzer an mir vorbei. Der Hafengeburtstag war vorĂŒber, die Auslaufparade fast zu Ende. Die âMarwedeâ hatte ich unbedingt noch einmal sehen wollen. Jetzt stand ich hier am Anleger TeufelsbrĂŒck und schaute ihr nach. Sie machte sich jetzt auf, flussabwĂ€rts gen Helgoland. Ich wusste oder vielmehr ahnte gut, welche Etappen sie ansteuern wĂŒrde. In nur drei Wochen wĂŒrde ich dieselbe Route nehmen. Heute musste ich hier an Land bleiben. Ich winkte weiter und gab ihr alle meine guten WĂŒnsche und TrĂ€ume mit auf den Weg zum Meer. Bis ganz bald auf Helgoland!