Aus dem Hafen der Hallig steuerte uns Robert. Mit Macht drĂŒckte die Flut ins Hafenbecken, aus dem wir nun hinaus wollten. Zwischen den Schleusentoren kamen wir beinahe zum Stillstand und mussten mĂ€chtig Schub geben, um nicht einfach zurĂŒck gespĂŒlt zu werden in dieses vom Wasser durchĂ€derte Land. Es hatte mir gefallen auf diesem beschaulichen Fleckchen, der ganz offenbar seinen eignen Regeln folgte und folgen musste, wollte er in dieser Welt weiter bestehen. Entweder alle zusammen oder keiner â so einfach war das. Entweder Beschaulichkeit oder brĂŒllende Seen â und dazwischen ein StĂŒckchen Ewigkeit.
An diesem Tag sollte es weiter nach Föhr gehen. Wieder ĂŒber das Watt, wieder begleitet vom unglĂ€ubigen Staunen des Hooger Hafenmeisters. Aber wir hatten es penibel ausgerechnet am Abend zuvor, es sollte gehen. Erst an der Hallig LangeneĂ vorbei, bis dicht vor ihren Leuchtturm und dann wieder nach Westen zum Hafen von Wyk.
Im Wattfahrwasser löste ich Robert am Steuer ab. Hier war die Beprickung wesentlich besser als tags zuvor, aber die Schlangenlinien, die sie durch das Watt zogen, waren unmöglich unter Segeln zu fahren â oder jedenfalls beinahe. Wir setzten GroĂ und Genua. SpĂ€ter wĂŒrden wir abwechselnd den Motor starten und die Genua einholen und dann wieder, Motor aus und Genua raus â ein aufwĂ€ndiges StĂŒck Weg. Mein Blick klebte an der unregelmĂ€Ăigen Prickenfolge. Einer kam ich bald zu dicht. Was ich fĂŒr ihre Spiegelung auf dem sonnenscheingetrĂ€nkten Wasser gehalten hatte, war das StĂ€mmchen selbst. Die anderen schlugen Alarm, ich drehte gerade noch rechtzeitig den Bug in die richtige Richtung. Hier war wirklich jedes zusĂ€tzliche Augenpaar Gold wert.
Die waren sowieso schon seit geraumer Zeit damit befasst, das Wasser um unser herum sehr genau zu studieren, denn immer mal wieder tauchte darin das Köpfchen eines Seehundes auf, der uns neugierig musterte. Sehr zur Freude Bens, der ja seit Helgoland mit der EnttĂ€uschung rang, dort â entgegen aller Erwartungen â keine sich auf einer Sandbank rĂ€kelnden Robben zu Gesicht bekommen zu haben. Maxs Adleraugen erspĂ€hten nun Tierchen um Tierchen, und Ben bemĂŒhte sich nach KrĂ€ften, schneller als das Abtauchen der Seehunde zu sein, um einen Blick auf sie zu erhaschen. Das war gar nicht so einfach! Letztlich sollte es bis zu unserem Ankerplatz in der Oste dauern, bis Ben endlich eines der Tiere zum ausfĂŒhrlichen Studieren prĂ€sentiert bekam.
Derweilen steuerte ich unsere âHelgoland Expressâ durch das Watt, und hier hatten wir nun tatsĂ€chlich flaches Wasser. Bei 1,80 m pendelte sich unser Lot ein und blieb dort fĂŒr eine gefĂŒhlte Ewigkeit stehen. Das waren gerade mal zehn Zentimeter mehr als unser Tiefgang. Bei ruhiger See zu machen â sogar unter Segeln, aber kein Vergleich zu den komfortablen zwei Metern vom Vortag.
Irgendwie war es doch ganz anders als erwartet: In diesem Wattfahrwasser gab es nicht âdasâ Flach, es war einfach durchgĂ€ngig flach â an Backbord genauso wie an Steuerbord, nĂ€her an den Pricken ebenso wie weiter weg von ihnen. Als wir dann in einiger Entfernung von uns Gegenverkehr aufkommen sahen, musste ich schlucken. Aber das Motorboot ohne Tiefgang zischte ohne Bedenken einfach quer an uns vorĂŒber und bis der andere Segler mit seinem Boot bei uns angelangt war, zĂ€hlte unser Lot zum GlĂŒck schon wieder nach oben. Wir waren durch. Im Fahrwasser nach Föhr ĂŒbergab ich das Ruder an Max und setzte mich zum Insel- und Schiffe-Gucken in die Sonne.