Das letzte StĂŒck des Weges zog sich ziemlich in die LĂ€nge. Der Wind war schwach. Zwischendurch setzte er ganz aus, dann kam er leicht â fast verstohlen â zurĂŒck. Dick eingepackt sehnten wir die Sonne herbei. Kaum zu glauben, dass wir nur eine Woche zuvor vor Hitze zum Baden ins Wasser des Kanals geflĂŒchtet waren.
In der GlĂŒckstĂ€dter Nebenelbe herrschte kurzzeitig Verwirrung an Bord ob des Verlaufs des Fahrwassers. Wir wussten noch genau, dass es hier wichtig war, an der richtigen Seite desselben zu bleiben, da es auf der anderen Seite immer wieder verschlickte. Aber dafĂŒr musste man die grĂŒnen Tonnen auch erst einmal findenâŠ
Hinter Rhinplate querten wir das Fahrwasser des Hauptstroms, dann ging es schon Richtung Pagensand. Dort stellte sich uns das nĂ€chste RĂ€tsel: uns war klar, dass wir vom LNG-Terminal vor Stade gehörig Abstand zu halten hatten, aber wie sollte man die Entfernung richtig einschĂ€tzen, hatte man kein AIS-Signal des eigenen Bootes auf einer Plotterkarte zur VerfĂŒgung? Mehr als einmal ermahnte mich Alexander, dass ich zu weit ins Fahrwasser hineingesteuert hatte. Kein Wunder, wollte ich uns doch auf jeden Fall gut freihalten von besagtem Sperrgebiet. AuĂerdem machte die Elbe hier eine ihrer vielen langgestreckten Kurven. GlĂŒcklicherweise hielt sich der Verkehr auf dem Fluss gerade in Grenzen, sodass wir niemandem in die Quere kamen.
Und schon lag LĂŒhesand recht voraus, wo wir erneut das Fahrwasser querten. âDas ist mal ein echter Frida-Kursâ, kommentierte Alexander, als unser Boot mit halbem Wind nun sehr flink gen nördlichem Ufer eilte. Er wies mich auch auf den Segler hin, der dort vor sich hin schipperte. âDen ĂŒberholen wir ja eh gleichâ, war die allgemeine Meinung an Bord. Von wegen, kaum waren wir wieder auf dem alten Kurs flussaufwĂ€rts, fiel unsere âFridaâ weiter und weiter zurĂŒck. Nun ja, eine âRennziegeâ hatten wir ja auch nicht erwerben wollen, und Wedel lag auch schon in Sichtweite. Noch einige wenige SchlĂ€ge und wir waren dort. Stellte sich nur noch die Frage, wohin in diesem riesigen Hafen.
Als wir schlieĂlich ein PlĂ€tzchen gefunden hatten, das auch dem dortigen Hafenmeister fĂŒr uns zusagte, wo unsere âFridaâ also fĂŒr diesen Herbst zumindest wĂŒrde bleiben können, ĂŒberkam mich plötzlich ein melancholisches GefĂŒhl. Hatten wir das Richtige getan? Jetzt, wo ich unsere kleine âFridaâ zwischen diesen Mengen von Schiffen sah, kam es mir so vor, als hĂ€tte ich sie gewaltsam aus ihrer Landidylle geholt, nur um sie dann auf dem Parkplatz einer AutobahnraststĂ€tte abzustellen. Das hier war wirklich etwas anderes als das beschauliche Lindaunis â wo im Sommer lediglich die Schwalben in Massen auftraten, sich lustig wippend auf den Festmacherleinen der Boote setzten, sich auf den RelingsdrĂ€hten putzten und dabei alles fröhlich mit ihren Hinterlassenschaften bekleckerten. Sogar mein Hosenbein erwischten sie einmal zielsicher, als ich es wagte, mich zu ihnen ins Cockpit zu gesellen, um ihrem geschĂ€ftigen Treiben zuzuschauen. WĂŒrde es auch in Wedel Schwalben geben?
Immerhin, nun konnten wir unsere âFridaâ mit nur einer halben Stunde Anfahrt besuchen â jeden Tag, wenn wir denn wollten. Und hatte ich nicht gerade von der Schönheit von Rhinplate, Pagensand und LĂŒhesand geschwĂ€rmt? Von dem leichten Nebel, der ĂŒber dem Wasser der Elbe im ersten goldenen Licht der aufgehenden Sonne tanzte?