Die Etappenplanung für den ersten Segeltag war vielschichtig: Zum einen hatten nicht alle in der Crew schon Erfahrungen mit der „Dockenhuden“, unserem Clubboot. Zum anderen war die Wetterlage instabil, für die Detailplanung eher eine Herausforderung. Angekündigt war Südwest-Wind, also ungefähr die Richtung, in die wir segeln wollten. Vier Windstärken waren gut, aber der Regen, den es dazu geben sollte… Im Nachhinein musste ich lachen über meine Sorgen, ein Törn im Juli könnte zu viel Sonne bringen. Sonne gab es. Ja, sogar genügend für einen leichten Sonnenbrand trotz Lichtschutzfaktor fünfzig plus – doch waren wir weit entfernt von Hitze und allem anderen, das man vielleicht mit dem Wort ‚Hochsommer‘ sonst so verbinden mochte. Regen, Sonne, Wind, Flaute wechselten sich in den folgenden sechs Tagen in rascher Folge ab. Jeder von uns stand einmal in vollem Ölzeug am Steuer und sorgte in seinem Begossenem-Pudel-Dasein für Erheiterung bei den Unter-Deck-Geflüchteten. Aber es blieb bei kurzen, heftigen Schauern, auf die ebenso regelmäßig auch die Sonne wieder zum Vorschein kam.

Böenwalze
Böenwalze

Diese Erfahrung machten wir auch direkt am ersten Tag, als sich hinter Samsø eine Böenwalze von Westen heranschob. Das Donnergrollen hörten wir schon von Weitem und beschlossen, die Segel einzuholen. Keine leichte Sache bei so viel Tuch und doch auch gerade noch rechtzeitig im Timing. Nur Minuten später zog das Unwetter über unsere nun motorende Yacht hinweg und ließ uns anschließend in der Flaute dümpeln, sodass die Maschine bis zum nächsten Hafen lief. Da war das Problem mit den südlichen Winden auf ganz andere Weise gelöst worden, als wir uns das ursprünglich vorgestellt hatten. Geplant hatten wir nämlich, zwischen Festland und Samsø zu kreuzen. Für den Fall, dass uns die Strecke zu lang werden würde, wollten wir gegebenenfalls nach Ballen auf der Ostseite der Insel abdrehen. Das hatte sich nun in der Tat erübrigt, und wir liefen Kerteminde als erstes Etappenziel an. Gute sechzig Seemeilen war dieser erste und längste Segelschlag schlussendlich lang.

Und er lehrte uns noch etwas – nämlich was es hieß, auf einem Regattaboot unterwegs zu sein. Die erste Merkwürdigkeit in dieser Hinsicht hatten wir schon tags zuvor bei der Einweisung kennen gelernt: meine Güte, gab es hier viele Leinen! An diesem Boot ließ sich scheinbar alles einstellen und trimmen. Regattaboot hieß aber dummerweise auch, dass eine Fußreling eingespart worden war. ‚Dann sitzt es sich bequemer auf der hohen Kante‘, erläuterte Frank uns diese Unannehmlichkeit später. Und eine Unannehmlichkeit war es, wenn man bei viel Lage das Vorsegel dichtkurbeln oder dieses gar auf dem Vorschiff bergen sollte, ohne sich dabei gescheit abstützen zu können.

Zum Ausgleich wies unsere ‚Rennziege‘ dann andere Annehmlichkeiten auf: ‚Wow, ich war noch nie auf einem Schiff, das bei acht Knoten Wind sieben Knoten Fahrt macht!‘ stellte ich beeindruckt fest. Faszinierend war ebenso die Wendigkeit der „Dockenhuden“. ‚Du musst die Wenden langsamer fahren‘, ermahnte mich Frank am ersten Tag, dann hatte ich begriffen. Dieses Boot wendete beinahe mühelos auf der Stelle, als würde man sich auf einem Plattenteller drehen. Nein, die „Dockenhuden“ hatte wirklich keinerlei Gemeinsamkeit mit der Behäbigkeit der Gib Seas, die ich bisher gesteuert hatte. Sie war und blieb, was sie war: eine Rennziege.

"Dockenhuden"
„Dockenhuden“

Das war dann auch das Dauerthema unserer abendlichen Unterhaltungen: Vor- und Nachteile eines Regattabootes auf einem Sommertörn. Selten habe ich auf einem Segeltörn so viel und so ausschließlich übers Segeln debattiert wie bei dieser Fahrt durch den Großen Belt.