Unser Tagesziel war Carbost in Loch Harport. Die Zufahrt zum Loch wird von drei Felsnadeln im Meer bewacht – natĂŒrlich mit zugehöriger lokaler Legende (bekannt sind sie als „Macleod’s Maidens“, der Legende nach die ertrunkene Frau und zwei Töchter des Clanchefs der Macleods), wie sollte es anders sein. Auch uns verleiteten sie zum Phantasieren – mehr noch aber Loch Harport selbst. Kaum hatten wir das schroffe Tor passiert, wurde die Landschaft sanft und rundlich. Oronsay und Minginish, malten sich in den Horizont. Die MeeresdĂŒnung nahm ab. ZunĂ€chst hielten wir auf den Leuchtturm Ardtreck Point zu, um dann dem Verlauf des GewĂ€ssers Richtung Osten zu folgen. Fischzuchten verengten die Durchfahrt, waren aber gut markiert und leicht zu umfahren. Allein der Wind spielte weiter mit uns, denn nun meinte er, uns doch noch zeigen zu mĂŒssen, was in ihm steckte. Er nahm auf fast 25 Knoten zu.

Nur mit dem Groß kreuzten wir Loch Harport hoch. Schon in der Ferne sahen wir unser Ziel und hofften auf unser GlĂŒck, einen der wenigen PlĂ€tze am Steg erhaschen zu können. Die Chance dafĂŒr war nicht hoch. Carbost besitzt nicht wirklich eine Marina, nur einen winzigen Steg und einige Muringbojen, die uns ohne Beiboot nur leider nichts brachten. Zu gerne wollten wir hier an Land. Zum einen, um endlich auch einen Fuß auf Skye gesetzt zu haben. Zum anderen weil wir – ebenso wie all die anderen Besucher, die ihren Weg hierher fanden – auch Talisker besichtigen und verkosten wollten, der einzige Whisky, der auf Skye gebrannt wird.

Vor Carbost lag die „Octopus“ vor Anker – eine Megayacht von jemandem mit Geld. Sie legte ab, als wir ankamen. Wir wĂŒrden ihr in den kommenden Tagen noch einige Male begegnen. TatsĂ€chlich hatten wir GlĂŒck und ergatterten einen der raren StegplĂ€tze. Gerade einmal vier Boote hatten hier Platz: drei außen (wenn sie nicht allzu groß waren), eines innen. Dort lag bereits die „Naughty Ghost“, eine schön restaurierte Nauticat, die wir ebenfalls in der nĂ€chsten Zeit noch öfter treffen sollten.

Der Steg fĂŒhrte zu einem kleinen zum Campingplatz umfunktionierten Parkplatz direkt am Wasser, der Ankommende mit dem Hinweis begrĂŒĂŸte, dass dies NICHT der Parkplatz der hiesigen Destille sei. Diese hatte sich mit ihrem Aroma schon angekĂŒndigt, sodass Alexander lĂ€nger schnuppernd die Nase in die Luft streckte. Dass nun solch einschneidende Worte zur BegrĂŒĂŸung herhalten mussten, ließ uns die Stirn runzeln. Hier musste ja einiges los sein, danach zu urteilen. Man konnte es sich gar nicht recht vorstellen, denn der Ort und ĂŒberhaupt das ganze Loch Harport wirkten ĂŒberaus beschaulich.

Besonders beeindruckend war auch wiederum die Landschaft: Abwechselnd zeigten sich am Horizont die Cuillins – die Bergketten auf Skye: schwarz und zackig die einen, rot und rundlich die anderen. Und davor die malerische Landschaft, die zum Wandern lockte, wenn nur das Wetter mitspielen wollte. Auf jeden Fall wĂŒrden wir in Carbost einen weiteren Hafentag einlegen, denn fĂŒr den nĂ€chsten Tag war Sturm angesagt. Selbst drinnen im Loch mit all den Bergen und Klippen drum herum war der Wind, der sich stĂŒndlich steigerte, zum Schluss beachtlich.

Abends liefen wir zusammen in den Ort. Talisker thront hier am Ende der KĂŒstenstraße und duftet vor sich hin. Zu dieser spĂ€ten Uhrzeit war es still, alles geschlossen. Die Menschen des Ortes trafen wir – wie sollte es auch anders sein – im örtlichen Pub, dem „Old Inn“, von dem RĂŒdiger schwĂ€rmte, hatte er diesen Ort vor einer gefĂŒhlten Ewigkeit doch schon einmal besucht. Der Pub lag ebenfalls am Wasser und hatte einige wildromantische PlĂ€tze auf der Terrasse zu bieten, aber erst einmal zog es uns hinein – und nicht nur uns offenbar. Die angekĂŒndigte Live-Musik des Abends hatte auch die letzte Seele des Ortes angelockt. Der Kontrast hĂ€tte nicht krasser sein können, draußen kein Mensch, drinnen das pulsierende Leben. Wir bestellten drei Ale an der Theke und nahmen sie mit hinaus, um den Blick ĂŒber die Bucht und die frische Luft zu genießen. Allerdings merken wir schnell, warum es sich niemand auf der hĂŒbschen Terrasse gemĂŒtlich gemacht hatte: unzĂ€hlige Midgets starteten ihren Angriff und das Nachtmahl, sodass wiederum wir uns mit unserem Ale beeilten, bevor sie uns ausgesaugt haben wĂŒrden.

Der RĂŒckweg zum Boot fĂŒhrte auch an den im RevierfĂŒhrer vermerkten DuschrĂ€umen vorbei. Von außen sahen sie aus wie ein alter Bretterverschlag, waren dafĂŒr aber mit einer hochmodernen Schließanlage versehen. FĂŒnfzig Pence kostete der Eintritt. Zu entrichten nur und ausschließlich mittels Kreditkarte. An diesem Abend waren unsere Karten diesem rustikalen HĂ€uschen nicht genehm. Wieder und wieder wies es uns ab, sodass wir die DuschplĂ€ne auf den nĂ€chsten Tag verschoben.