Dass wir die Regatta gewonnen hatten, erschien mir wie ein Wunder. Ehrlich gesagt, glaubte ich an jenem Tag nicht einmal, dass wir sie wĂŒrden mitfahren können. Das lag dieses Mal – zur Abwechslung – nicht am Schlick und unserem Tiefgang. Nein, wir waren rechtzeitig aus dem Hafen ausgelaufen. Eineinhalb Stunden vor Regattastart waren wir schon unterwegs. Nein, das Problem war nicht das Wasser. Das Problem war der Wind!

Wir hatten immer noch die große Genua angeschlagen, die wir tags zuvor bei unserer Überfahrt von Helgoland auch gut hatten brauchen können. An diesem Morgen betrachteten wir sie eher skeptisch. Der Skipper wollte einmal sehen, wie draußen die Bedingungen waren und ob wir mit dem großen Tuch zurechtkĂ€men. Kamen wir nicht, das war schnell klar. Die Genua musste runter und die Fock hoch. Alexander und David krabbelten vor zum Vorstag und dann begann der Kampf mit dem Vorsegel.

SpĂ€ter am Abend beim Regattaball hieß es, wir hĂ€tten zeitweise 27 Knoten Wind gehabt. Die hatten wir jetzt sicher nicht ganz, dennoch war der Segelwechsel auf dem Wasser alles andere als ein Kinderspiel. Zu allem Überfluss brach die EinfĂ€delhilfe am Vorstag aus, und die Genua rauschte ins Wasser. Mit einem wahren Kraftakt holten wir sie wieder an Bord, um sie dann – notdĂŒrftig verschnĂŒrt – durch die Deckluke in den Salon zu schieben. Dort quoll sie nun ĂŒber die BĂ€nke. Um sie wĂŒrden wir uns spĂ€ter kĂŒmmern, erst mal brauchten wir ĂŒberhaupt wieder ein Vorsegel, wollten wir die Regatta noch mitfahren. Alexander und David mĂŒhten sich verbissen, und dann war es plötzlich geschafft.

Unser Logbuch verzeichnete ganze fĂŒnfzehn Minuten fĂŒr diesen Segelwechsel. Mir war es wie eine Ewigkeit erschienen, und wir waren alle irgendwie ĂŒberrascht, dass wir immer noch Zeit bis zum Regattastart hatten. Christian nutzte das fĂŒr die Einweisung seiner Crew. Dieses Mal erhielt jeder eine feste Position, und die Teams wurden von Wende zu Wende besser. ‚Ich zieh‘, und du kurbelst!‘ Zusammen mit David stand ich an der Steuerbordwinsch. Wir spielten uns ein und, ja, so schnell wie an diesem Tag hatten wir das Vorsegel wirklich noch nie dichtgeholt.

Etwas langsamer waren wir dagegen beim Zeitstoppen fĂŒr den Start – sehr gewissenhaft, aber 
 Max hatte zwar eine Stoppuhr auf dem Handy, doch die Ansagen begannen stets mit: ‚Jetzt ist es 13 Uhr
‘ Das war nicht die Frage des Skippers. Hier ging es um Sekunden! Schlussendlich verriet die schnöde Armbanduhr die Minuten, denn – man mag’s kaum glauben, dieses Mal gab es keinen Blitzknall zum Start. Die Pyrotechnik war zwar bestellt, aber nicht rechtzeitig eingetroffen. Den versprochenen langen Ton zum Start konnten wir bei dem Wind voll vergessen, und das Hissen der Startflagge war auch was, was man eher auf den zweiten Blick erahnte.

Gut, den schnellsten Start legten wir also nicht hin, aber beinahe die schnellste Regattafahrt. Ganze neun Sekunden nach berechneter Zeit wĂŒrden uns spĂ€ter vom Schnellsten des ganzen Tages trennen. Bloß neun Sekunden! Ich platzte fast vor Stolz.